Sieben auf einen Streich by Müller Amei

Sieben auf einen Streich by Müller Amei

Autor:Müller, Amei [Müller, Amei]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Mathias im Glück und die Axt im Zelt

Nach einer halben Stunde versammelte man sich auf dem Parkplatz. Die Sonne lachte, Fränzchen auch, und wie hell! Sie stand neben dem silbergrauen Porsche des Harztigers. Dieser harmonierte aufs beste mit seinem Auto, trug sportliches Grau von den Schläfen über die Flanellhosen bis zu den Wildlederschuhen, nur das Hemd zeigte eine dezente rosa Musterung. Über seinen Schultern hing lässig eine schwarze Lederjacke, über seinen Gesichtszügen ein schwarzes Lächeln. Fränzchen, im selbstgestrickten Pullover, mit verwaschenen Jeans und vollgestopftem Umhängetäschlein, wirkte neben ihm ausgesprochen schlicht. Sie wedelte aber kokett mit Schleife und Zopf und klimperte mit den langen Wimpern.

Wir Geschwister betrachteten das ungleiche Paar mit Mißvergnügen. Doch traf der geballte Zorn nicht das ungetreue Schwesterlein, sondern ihren Entführer, diesen Casanova in Grau, diesen eitlen, arroganten, unerfreulich schmucken Harztiger.

»Angeber!« bruddelte Christoph.

»Mädchenräuber!« zischte Stefan. »Hoffentlich kann der Kerl fahren!«

Michael seufzte nur, drehte sich um und hielt Ausschau nach Vera. Diese stand neben Mathias, der selbstvergessen auf den Porsche starrte. Für ihn war die Welt versunken, auch die Tante nahm er nicht wahr, er sah nur dieses unbeschreibliche Gefährt.

»Vermißt du etwas?«

Er schaute hoch mit leerem Blick, lauschte der Frage nach, begriff und fuhr mit beiden Händen in die Hosentaschen. Er wühlte, förderte ein schmutziges Taschentuch zutage, verklebte Bonbons, Schnüre, Steine und heulte auf: »Mei Taschenmesser!«

Ein kleines Weilchen nur ließ sie ihn klagen, dann zog sie es aus der Tasche, sein geliebtes Messer, silbrig glänzend, heil.

Er griff danach, und in übergroßer Freude und Dankbarkeit füllte er die Hände der Tante mit all seinen Kostbarkeiten: mit Bonbons und seltsam gearteten Steinen, mit einem Backenzahn, für den er vier Murmeln gezahlt, einer Streichholzschachtel mit lebenden Käfern darin, er hielt sie der Tante ans Ohr, damit sie die Käfer krabbeln hörte, und einem überaus kostbaren Eidechsenschwanz. Mit all dem überhäufte er die Gute, obwohl sie sich heftig dagegen wehrte. Er stopfte ihr sogar einen Klumpen Gummibären direkt in den Mund, den sie zu anhaltendem Protestgeschrei geöffnet hatte.

»Se sin naß gworde — drum klebet se e bißle. Aber, Tante Vera, schmecke tun se no, gell!«

Sie nickte mit verzerrtem Gesicht und kaute. Er aber freute sich, daß er sie so reich hatte beschenken können, obwohl es ihm leid tat um den Eidechsenschwanz und den Backenzahn, denn wußte die Tante auch, wie ungeheuer kostbar seine Geschenke waren? Gleich zurückfordern konnte er sie natürlich nicht, das hätte Tante Vera zu Recht verärgert, aber im Laufe des Tages hoffte er Gelegenheit zu finden, sich gütlich mit ihr zu einigen. Vorerst fuhr er in die Hosentaschen, stülpte sie nach außen, unterzog sie einer genauen Prüfung und zog seufzend die Luft durch die Nase. Ach, nun wußte er, warum ihn dieses Mißgeschick zum zweiten Mal betroffen. Ein Loch. Lind da drüben stand die Mutti und hatte ganz bestimmt keine Lust zum Zunähen und keine Nadel und keinen Laden. Vera würgte die letzten Gummibären hinunter.

»Ich stopfe es dir, wenn wir heute abend heimkommen.«

»Aber i brauch’s doch glei, Tante Vera, sonscht fällt mer’s wieder naus! Was mach i bloß?«

Sein Blick wanderte ratsuchend über den Parkplatz und blieb am Porsche hängen und an Fränzchen.



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